Musealer, ausgesprochen seltener Louis XVI-Schrank des bedeutenden Pariser Ebenisten Roger Vandercruse dit Lacroix, ca. 1765-1770:
rechteckiger, gerade geführter Korpus (Blindholz Eiche) mit abgeschrägten Kanten auf vier Stollenfüßen und abschließendem umlaufendem profiliertem Kranzgesims. Der Schrank öffnet sich mit zwei großen Türen und gibt den Zugriff auf Einlegeböden frei, die sich durch in den Ecken angebrachte Zahnleisten frei wählbar verstellen lassen. Die Türen schließen durch ein Pasquil-Schloß und dazugehörigen Schlüssel. Sowohl die Türen als auch die Seitenwangen zeigen eine exzellent gearbeitete Marketerie „en ailes papillon“: jeweils zwei hochrechteckige Felder mit gespiegeltem Rosenholz-Furnier in breiter Amaranth-Rahmung und Fadeneinlagen, die abgeschrägten Kanten mit akzentuierender mittig gesetzter klassizistischer Rosette aus feuervergoldeter Bronze. Während die Schlüssellochrahmungen der Türen noch dem Formenkanon des Louis XV verhaftet sind zeigen sich in den feuervergoldeten Bronzeapplikationen der Vorderfüße und der Zierschürze der Zarge bereits der klassizistische Stil „à la Grecque“ des beginnenden Louis XVI. Der Schrank trägt den Stempel „LACROIX“ sowie den Stempel der Pariser Jurande des Menusiers et Ébénistes „JME“.
Museales, seltenes Möbel mit ausgesprochen eleganten Proportionen , in dem sich auf eindrucksvolle Weise die Handwerkskunst Roger Vandercruses dit Lacroix zeigt.
Roger Vandercruse dit (genannt) Lacroix gehörte zur wichtigsten Möbeldynastie des 18. Jahrhunderts. Als Sohn eines unabhängigen Kunsttischlers war er durch Heirat mit einigen der erfolgreichsten Pariser Ebenisten seiner Zeit verwandt, darunter Jean-François Oeben, Jean-Henri Riesener und Simon Oeben. Er wurde 1755 Meister und übernahm die Werkstatt seines Vaters. Zum Zeitpunkt seiner Heirat war sein Geschäft noch bescheiden; Während seine Frau eine Mitgift von 1.350 Livres in bar, Kleidung und Wäsche zur Ehe brachte, brachte er nur 800 Livres mit.
Von 1769 bis 1774 lieferte Vandercruse Lacroix Möbel an das Garde-Meuble de la Couronne (Königliches Möbellager) und verwendete für die Stempelung seiner Möbel sowohl „R.V.L.C.“ auch „LACROIX.“ Große Anerkennung erhielt er für seine exzellenten floralen und geometrischen Marketerien insbesondere aus Rosenholz, Amaranth und Königsholz bewundert. Sein Geschäft florierte, u.a. zählter den Duc d’Orléans und Madame du Barry zu seiner Kundschaft. Vandercruse dit Lacroix hatte auch mehrere wichtige Positionen in seiner Gilde inne. Während der Französischen Revolution zog er sich aus dem Geschäft zurück und starb 1799.
Die Werke von Roger Vandercruse dit Lacroix können in den wichtigsten internationalen Museen und Sammlungen bewundert werden, z. der Louvre in Paris, die Wallace Collection in London, das J. Paul Getty Museum in Malibu und die Frick Collection sowie das Metropolitan Museum in New York.
Literatur: Pierre Kjellberg, Le mobilier francais du XVIIIe siècle, Paris 2008, S. 784-806